Ausstellungen im Jahr 2001

Christian Huba | Kritischer Realist

Zeitraum: 7.1. - 10.2. 2001

Mit Skulpturen von Christian Huba stellt das Atelierfenster einen jungen Bildhauer vor, den seine Wanderschaft als Künstler erst vor einigen Monaten in den Chiemgau geführt hat.

1968 als Sohn eines Malers in Zell am See geboren fand er seinen weg zur Bildhauerei über Hallein, Innsbruck, Krems, Salzburg, Bremen, Nussdorf am Inn und Wien bis nach Aschau, wo ihm der Baron von Cramer-Klett ein Atelier in der alten Brauerei zur Verfügung stellt. Große öffentliche Auftragsarbeiten von Huber markieren einige Stationen wie zum Beispiel das `Zigarrenmacherdenkmal' in Achim bei Bremen, das `Bäckerdenkmal' in Bremen oder das steinerne `Friedhofskreuz' in Nussdorf am Inn.

Geprägt von seinem Professor Waldemar Otto an der Bremer Kunstakademie versucht Christian Huba in seinen Skulpturen Inhalte nicht gestisch sondern rein durch die Form auszudrücken. Hubas kritische Beobachtungen finden zu figürlichen Formen, die der Betrachter nicht immer als angenehm oder hübsch empfindet. So waren seine Denkmale in Bremen auch nicht unumstritten und es wurde unter den Bürgern viel darum debattiert. Die öffentliche Diskussion anzuregen ist ein Aspekt der Bildenden Kunst, der auch für das Atelierfenster in Staudach-Egerndach gilt. Hier zeigt der Künstler seine neue Holzskulptur mit dem Titel `Schwärmermadonna,' auch `Idol für eine Alleinerziehende' genannt, und zwei kleine Figuren des `Hl. Georg.' Die christliche Mythologie gibt ihm Anlass, im Nachdenken über den technisierten Menschen Gegenwärtiges auszusagen und kritisch zu beleuchten. Die Figuren im Atelierfenster sind keine leichte Kost. Sie wecken vielerlei Gefühle und Empfindungen, regen auf und an zum Nachdenken und bieten Gesprächsstoff nicht nur für Kunstinteressierte.

Schwärmermadonna - Idol für eine Alleinerziehende | Holz bemalt

St. Georg | Gips für Eisenguss


Heinrich Stichter | Ohne - Titel

Zeitraum: 18.2. - 25.3. 2001

Die gegenstandslose Malerei ruft oft auch heute noch bei Ausstellungsbesuchern Unverständnis und Verärgerung hervor, wenn Bilder mit dem Begriff `ohne Titel' betitelt werden. Der in Traunstein lebende Maler Heinrich Stichter gehört zu den Künstlern, welche die Intention ihrer Werke nicht durch sprachliche Begriffe definieren, beeinflussen und einengen wollen. Dahinter steckt die Überzeugung, dass Kunst ein völlig anderes Ausdrucksmittel ist als Sprache. Dem ernsthaften Maler ist es kein billiger, sondern ein bewusst gewagter Entschluss, seinem Bild keinen Titel mit auf den Weg zu geben, auch wenn ein Titel wie zum Beispiel `Abendstimmung' die Akzeptanz des Bildes für unsere begriffliche Vorstellungswelt erleichtern würde. Stichter überlässt dem Betrachter seine Bilder ohne Titel und ermuntert ihn dadurch, Farben und Formen intuitiv aufzunehmen, ohne nach zuordnenden Begriffen zu suchen. Bei dieser Sehweise lässt sich erkennen, dass Bilder nicht zu Ende geschaut werden können wie Filme, sondern bei jedem Blick neue Emotionen freigesetzt werden. Vor allem in Zeiten der Sprachlosigkeit, die jeder Mensch in bestimmten Situationen des Glücks oder Unglücks an sich erlebt, können Bilder anrühren und Kraft spenden.

Heinrich Stichter wurde 1940 in Sondermoning geboren und seine künstlerische Ausbildung begann er an der Schnitzschule in Berchtesgaden, bevor er von 1959 bis 1964 bei Professor Oberberger an der Akademie der Bildenden Künste in München Malerei studierte. Seit dreißig Jahren durchziehen die `Ursymbol' Kreis oder Kreuz wie ein roter Faden das Werk Heinrich Stichters. Für ihn sind sie `Ordnungskriterien von enormer Wucht und Faszination im Kontrast zum Vielfältigen und Ungeordneten.' Stichter will es aber dem Betrachter überlassen, dem sehr komplexen Bedeutungsgehalt der Symbolik von Kreis und Kreuz mehr oder weniger Bedeutung beizumessen. In dieser Freiheit für den Betrachter wird die Kunst einem Kommunikationsmittel, welches Abgrenzungen zwischen Menschen verschiedenster Kulturen durchbricht. So hat jeder die Möglichkeit im Gegenüber des Materialbildes `ohne Titel.', 2001, von Heinrich Stichter eigene und anderer Lebenswirklichkeiten zu erspüren, um das Bild als ein `Gefäß unserer Sprachlosigkeit' zu begreifen.

Im Atelier von Heinrich Stichter


Hans Richter | Bozzetti

Zeitraum: 28.3. - 30.4. 2001

Während das Germanische Nationalmuseum Nürnberg unter dem Titel `Kleine Ekstasen' Bozzetti und Kleinplastiken des Barock aus der Sammlung Dessauer ausstellt, zeigt das Atelierfenster Bozzetti des Bildhauers Hans Richter aus Berchtesgaden zu dessen 70. Geburtstag.

Stelzengeher

Bozzetto nennt man einen ersten skizzenhaften plastischen Entwurf für eine Skulptur. Hans Richter hat fast immer durch solch kleine plastische Skizzen seine Ideen zu Großplastiken für den kirchlichen und öffentlichen Raum gefunden. Im Bozzetto kommen die ursprünglichen Intentionen des Künstlers am besten zum Ausdruck. Bis zur Realisierung als Großplastik ist der Entwurf vielen Veränderungen durch Vorgaben der Auftraggeber oder Bauämter unterworfen. Manchmal scheitert auch das Vorhaben trotz gewonnenem Wettbewerb, und die kleine Skizze ist das einzige, was übrig bleibt.

Petrusbrunnen

Hans Richter, geboren 1931 in Berchtesgaden, besuchte die Schnitzschule und studierte von 1959 bis 1956 an der Kunstakademie in München Bildhauerei bei Professor Josef Henselmann, der unter anderem zahlreiche Altäre wie zum Beispiel den Hochaltar im Passauer Dom schuf. Gleich seinem Professor fest verwurzelt in der christlichen Tradition fand Richter eigene Wege bei der Ausgestaltung von Kirchen und öffentlichen Plätzen. Weit über seine Heimat hinaus stehen Brunnen und Altäre aus seinem Atelier, meist als Ergebnis gewonnener Wettbewerbe. Auch im Chiemgau lebt man seit vielen Jahren mit seinen Arbeiten, meist ohne es zu wissen, dass Hans Richter ihr Schöpfer war (z.B. Altarraumgestaltungen Oberwössen, Bergen, Seebruck, ... oder Brunnen in Traunstein, Reit im Winkl, ...). Doch neben umfangreichen Auftragsarbeiten hat Richter seit 1975 seine Berufserfahrung und sein bildhauerisches Können auch in die Schnitzschule eingebracht, die er bis 1994 als Direktor leitete. In dieser Zeit konnte er an viele junge Menschen seine Erfahrung und positive Lebenseinstellung weitergeben und die Tradition der Schnitzschule durch die Erweiterung neu beleben. Von der Energie dieses bescheidenen Künstlers zeugen neben dem umfangreichen Werkverzeichnis auch seine zahlreichen Studienreisen und Expeditionen mit diversen Erstbesteigungen von Sechstausendern.

Toter Vogel

Weil sich das Werk des ungebrochen vitalen und schaffensfrohen Künstlers nicht zur Retrospektive in einer Galerie versammeln lässt, mag diese Präsentation einiger Bozzetti Richters im Atelierfenster seinen 70. Geburtstag feiern, verbunden mit Dankbarkeit seiner Schüler aus dem Chiemgau.

Pieta

Zwei Kreuzentwürfe

Blick ins Atelierfenster

Gruß von Hans Richter


Irmgard Kurz Minisini | Gefäß als Kunstobjekt

Zeitraum: 12.5. - 14.6. 2001

Gefäße gehören wohl zu den ältesten Kult- und Kunstobjekten der Menschheit in ihrer wichtigen Funktion zur Zubereitung und Aufbewahrung von Lebensmitteln und zum Genuss köstlicher Speisen und Getränke. In allen Weltkulturen wurden Gefäße über ihren Gebrauchswert hinaus durch besondere Gestaltung der Handwerker und Künstler zu Kunstgegenständen erhoben. Material, Form und Farbe eines Gefäßes wird Ausdrucksmittel der Wertschätzung seines Inhalts.

Irmgard Kurz-Minisini orientiert sich auch in einer Zeit von Schnellimbiss und Wegwerfgeschirr an der hohen Wertschätzung vergangener Zeiten für Gefäß und Inhalt. Aus einer strengen Gestaltungslehre heraus und dem Gedankengut des Bauhauses findet sie eine eigene Formensprache für sehr dünn gedrehte Gefäße, die nicht als Massenartikel sondern als individuelle Einzelstücke entstehen.

Der Gestaltung von Gefäßen haben sich immer wieder auch bedeutende Künstler wie Chagall, Picasso oder Dali gewidmet. Als Beispiel dafür zeigt das Atelierfenster die `Flasche Nr. 3' (1970) von Salvador Dali (1904- 1989), die ebenso wie die Schalen, Dosen und Flaschen von Irmgard Kurz-Minisini den reinen Gebrauchswert hinter sich lassen und zum Kunstobjekt erhoben werden. Der tägliche Gebrauch solch kunstvoller Gefäße kann die Wertschätzung für unsre Leben fördern und fordern. Picasso hat es einmal so ausgedrückt: `....und meine Keramiken stellt man in den Glasschrank. Aber ich wünschte mir, die Kinder würden Suppe aus meinen Schüsseln essen, die Frauen Früchte in meine Schalen legen und die Männer Wein aus meinen Krügen trinken. Alle Menschen sollten fähig sein können, so zu leben wie in früheren Zeiten die Reichen und Mächtigen, umgeben an allen Tagen von Gegenständen, die von den besten Künstlern ersonnen und verwirklicht wurden, umgeben von Schönheit.'

Dalí | Flasche Nr. 3


Dirk Auf dem Hövel | Skizzen-Landschaft

Zeitraum: 2.7. - 15.8. 2001

Das Atelierfenster zeigt eine `Skizzen-Landschaft' des aus Rimsting stammenden Bildhauers und Malers Dirk Auf dem Hövel. Diese setzt sich zusammen aus zwei Ölbildern und vielen Entwurfsskizzen für eine Großplastik.

Den `poetischen Bildhauer,' wie Professor Seitz ihn bezeichnete, begleitete von Anfang an eine vitale Begeisterung am Zeichnen und Malen. Die Qualität und Stärke seiner großen Landschaftsbilder wurde schon vor Jahren von einem namhaften Kunstkritiker mit Oskar Kokoschkas gleichgestellt. Aus dem umfangreichen Schaffen Auf dem Hövels werden zwei Landschaftsbilder aus dem Burgund ausgestellt. Die Fülle der gezeigten Skizzen führt dem Betrachter die intensive Arbeit des Künstlers an seiner Idee für eine große Holzskulptur vor Augen, die er im Rahmen eines Bildhauersymposiums in Rimsting schuf. Auf dem Hövel hatte dafür die alpenländische Lederhose im Visier seiner Träume und Gedanken. Im zeichnerischen Umgang damit kam er immer wieder auf einen `Lederhosenturm,' in dem er sein Thema ad absurdum zu führen scheint. Die impulsiven Zeichnungen lassen einen Entstehungsprozess nachvollziehen, dessen Ergebnis die etwa vier Meter hohe Holzskulptur `LEDERHOSENTURM' ist, die am Römerweg in Rimsting aufgestellt wurde. Erst durch intensive zeichnerische Vorbereitung war es dem Künstler möglich die Skulptur innerhalb einer Woche auszuführen.

Skizze zum `Lederhosenturm'

Eine interessante künstlerische Korrespondenz zwischen Idee und fertiger Skulptur - zwischen Staudach-Egerndach und Rimsting - ist im Werk von Dirk Auf dem Hövel mit dieser Ausstellung entstanden.


Franz Öttl | Skulptur-Collagen

Zeitraum: 5.10. - 18.11. 2001

Der Bildhauer Franz Öttl aus Unterwössen ist seit über zwanzig Jahren bei Ausstellungen und in Fachzeitschriften international bekannt geworden mit der Gestaltung von `Möbel-Objekten.' Viele Wohnbereiche von Individualisten wurden geprägt von Öttls `Kunst im Bewohnbaren Raum.'

Neben dem Möbeldesign von Einzelstücken hat die künstlerische Kraft Franz Öttls seit drei Jahren ihren Ausdruck auch wieder im skulpturalen Bereich gefunden. Es sind meist großformatige Holzskulpturen und Bildtafeln entstanden. Die abstrahiert figurativen Holzobjekte werden mit der Kettensäge bearbeitet und aus Teilen zu Collagen zusammengefügt. Durch intensive Farbgebung wird die Ästhetik der Arbeitsspuren am Holz sichtbar und die Ausdruckskraft der Skulpturen erhöht. Franz Öttl hat in seinen neuen Arbeiten eine künstlerische Spontaneität und Freiheit gefunden, in der sein jahrelang am Möbelbau geschultes Gefühl für Ästhetik eine neue Dimension erfährt.

So verschieden die Möbel und die Skulpturen des Bildhauers auf den ersten Blick auch erscheinen, verbinden sie sich doch zu einem einheitlichen `Kunst-Raum des Wohnens,' wie man ihn im Haus und Garten des Künstlers erleben kann. Als kleinen Ausschnitt von diesem Genuss für Augen und Seele zeigt das Atelierfenster vier neue Figuren-Objekte von Franz Öttl.


Gruppe 58/95 | Zeitlos

Zeitraum: 24.11. 2001 - 3.1. 2002

Kalenderdeckblätter

Die Maler Walter Angerer d. J., Sigi Braun und Walter Lederer haben sich als `Gruppe 58/95' zusammengefunden. Aus dieser freundschaftlichen Verbindung der Künstler sind alle zwei Jahre seit 1995 Kalender mit handsignierten Siebdrucken in limitierter Auflage entstanden. Es handelt sich dabei um authentische Bilder aus dem Werk des jeweiligen Künstlers, die sich nicht dem Zeitablauf eines Kalenders fügen wollen. Erst ohne Kalendarium entfalten die Blätter ihre ganze Kraft und Eigenständigkeit. Der Betrachter kann spüren, dass hier Bilder entstanden sind, die über viele Jahre gültig und anregend bleiben. Vielleicht ist es so wie Hermann Hesse einmal sagte: `In der Kunst gilt das Zeitlose, nicht das Zeitgemäße.'

Walter Lederer

Sigi Braun

Das Atelierfenster zeigt Bilder, in denen das Licht, nach dem sich in dunklen Zeiten jeder sehnt, eine große Rolle spielt. Diese Sehnsucht manifestiert sich in dem Blatt mit `Figur, Tor und Sonne' von Walter Lederer. Während bei Angerer d. j. feurige Bewegung das Bild bestimmt, erzeugt das lichte Rot bei Sigi Braun eine ordnende Kraft. Die hell strahlenden Farbfelder von Rupprecht Geiger, dem Gastkünstler eines Kalenders, vermitteln die Nähe zu zeitloser Ruhe und Ewigkeit.

Rupprecht Geiger

Über den Chiemgau hinaus hoffen Kunstsammler, dass die Gruppe 58/95 weiterhin Kraft und Zeit finden wird, um `zeitlose Kalenderblätter' zu gestalten.

Herbert Klee

Walter Angerer d. J.

Willi Wimmer

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