Meine Madonna | Birke | 2016

Crazy Wave | Zirbelkiefer | 2017

Praeludium und Fuge | Zirbelkiefer | 2009

Versuch einer Annäherung

Aus der Welt der Musik entlehnt mag der Titel dieser Skulptur aus Zirbelkiefer wohl auf die nonverbale Sprache von Bildender Kunst hinweisen. Dennoch kann eine Annäherung an dieses Bildwerk hier nur verbal erfolgen, was von Anfang an die Schwierigkeit und Unzulänglichkeit dieses Vorhabens kennzeichnet.

Jede Plastik oder Skulptur, als ein gemachtes Gegenüber des Menschen, verlangt bewusst oder unbewusst immer auch die Auseinandersetzung mit ihrem Standort, Sockel oder Podest usw., sowohl vom Erbauer, als auch vom Betrachter. Im vergangenen Jahrhundert wurde die Skulptur als Zeichen politischer und religiöser Macht nach und nach von ihrer erhöhten Stellung auf Augenhöhe gebracht. Als Beispiel sei an den gestürzten Reiter von Marino Marini (1901-1980) erinnert, der damit das Reiterstandbild an sich wahrhaft vom Sockel stürzte. Im Bereich der Kleinplastik hatte sich z.B. der Bildhauer Constantin Brancusi (1876-1957) intensiv mit der Frage der Einheit von Sockel und Figur beschäftigt, nachdem er von der äußeren Darstellung der Menschen zur Darstellung von inneren Gefühlen mit Hilfe abstrakter und reduzierter Formen übergegangen war.

Seit einigen Jahren finde ich in realistischer Darstellung abgelegter Kleidungsstücke eine Fülle an Formen, die etwas über das Innenleben der nicht abgebildeten Träger dieser Kleidungsstücke vermitteln, aber auch ganz abstrakt gesehen werden können. Auch ich begebe mich bei diesen Arbeiten auf die Suche nach äußerer und inhaltlicher Einheit von Skulptur und Sockel, wie z.B. bei meiner SÄULE (1999) oder bei der hängenden Skulptur MEIN MÄDCHEN (2005). Während die SÄULE, mit dem `Hosenkapitell' zwar ihrer tragenden Funktion beraubt, noch auf festem Boden steht, ist MEIN MÄDCHEN in die innere Leere eines Rahmens gerückt, um dort die Spuren des Lebens zu entfalten. Der Rahmen in menschlicher Dimension bildet das Gegenüber, in dem sich die stofflich, reliktartige Wirklichkeit mit der Welt der Gedanken und Gefühle treffen.

Eine logische Fortsetzung dieser Einheit von Sockel und Skulptur findet sich nun in meiner neuen Arbeit PRÄLUDIUM UND FUGE wieder. Hier verbinden sich Schnitzwerk und Sockel zu einer Stele, welche die leere Hülle mit ihrer Vielfalt plastischer Formungen in sich aufnimmt. Die gläserne Unterbrechung und Auflösung der Stele gewährt dem Betrachter Einblick in einen mannigfaltigen Intimbereich. PRÄLUDIUM - Vorspiel für die Augen - und FUGE - Flucht vor haptischem Zugriff - finden statt, können bewegen, fesseln und nachdenklich stimmen, und dabei die Realität vom Modell und der handwerklichen Faszination dieses Schnitzwerkes vergessen machen.

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